Bis ins 19. Jahrhundert trieben fast nur Kolonialmächte Handel mit ihren Kolonien. Ein Hamburger Kaufmann, der z. B. brasilianischen Zucker importieren wollte, durfte das nur über Lissabon und Porto, also über die Kolonialherrin Portugal. Erst nach 1827 erlaubte der „Handels- und Schifffahrtsvertrag“ zwischen den Hansestädten Bremen/Hamburg und Brasilien direkten Im- und Export.
Zu den ersten Nutzern zählt Theodor Wille. Am 27.09.1818 im dänischen Kiel geboren, macht er sich am 01.03.1844 mit der Firma Theodor Wille & Co. in Santos selbständig. Santos war damals ein unbedeutender kleiner brasilianischer Hafen für wenige Übersee-Segler. Zwischen 1896 und 1914 verschifften dann die Wille-Häuser durchschnittlich 16 % des brasilianischen Kaffee-Exports. Zahlreiche Industrievertretungen hatte die Firma Theodor Wille um 1900 inne, so die der Lokomotiven-Firma Henschel, Kassel, ab 1907. Die Turbinen, Motoren, Papiermaschinen, Flugzeuge und andere Industriegüter wurden überwiegend an den brasilianischen Matarazzo-Konzern geliefert. Auch die damalige enge Verknüpfung mit der Firma Kaisers Kaffeegeschäft, Viersen, erwies sich über Jahrzehnte als zukunftsträchtig. Die Firma Theodor Wille gehört zu den Gründern und über viele Jahre Mitbesitzerin der Schifffahrtslinie Hamburg-Süd.
In den beiden Weltkriegen brach der Seehandel der Firma Theodor Wille fast völlig zusammen. Die Firma kam auf die schwarzen Listen der Alliierten. Nach dem ersten Weltkrieg erholte sie sich schnell. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden ab 1950 die Reste der drei Stammfirmen in Santos, Rio de Janeiro und Sao Paulo zusammengefasst und die Handelstätigkeit – insbesondere mit dem Matarazzo-Konzern – wieder aufgenommen. Heute existiert noch eine Theodor Wille Grundstücksgesellschaft in Hamburg und die unabhängige „Diederichsen Theodor Wille Ltda“ in Sao Paulo.
Theodor Wille selber war bereits – drei Jahre nach der Gründung seiner Firma in Santos – 1847 nach Kiel und Hamburg zurückgekehrt und hat Brasilien nie wieder betreten. Er leitete seine Geschäfte von Hamburg aus. 1869 betrieb er die Gründung der Commerz- und Disconto-Bank in Hamburg, der heutigen Commerzbank, um die zunehmenden Engagements Hamburger Kaufleute in die Weltwirtschaft zu finanzieren. Am 09.01.1892 erlag Theodor Wille einem Herzinfarkt. Kinderlos geblieben, vermachte er der Stadt Kiel 1,8 Millionen Goldmark, ein Drittel seines Vermögens, um aus den Zinsen die Universität Kiel und die Kieler Schulen zu finanzieren.
Einer seiner indirekten Erben, der Kaufmann Heinrich Diederichsen in Kiel, hatte nach dem ersten Weltkrieg seine Geschwister und Miterben ausgezahlt und war Alleininhaber der Firma Theodor Wille geworden. Er unterstützte den späteren Gründer des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, seinen Freund Harms, früh mit Ideen und sehr großen Geldsummen für das Institut für Weltwirtschaft. Auch sein Erbe ging zu großen Teilen an die Stadt Kiel.